Quelle: Amtsblatt der Europäischen Union L 138/44 vom 26.5.2016
RICHTLINIE (EU) 2016/797 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 11. Mai 2016
über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union
(Neufassung)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91 Absatz 1 sowie die Artikel 170 und 171,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (*1),
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (*2),
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (*3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Die Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (*4) wurde mehrfach erheblich geändert.
Aus Gründen der Klarheit empfiehlt es sich, im Rahmen der anstehenden Änderungen eine Neufassung der genannten Richtlinie vorzunehmen.
(2) Um den Bürgern der Union, den Wirtschaftsteilnehmern sowie den zuständigen Behörden in vollem Umfang die Vorteile zugutekommen zu lassen, die sich aus der Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums ergeben, müssen insbesondere die Verknüpfung und Interoperabilität der nationalen Eisenbahnnetze sowie der Zugang zu diesen Netzen gefördert und nach Artikel 171 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) jede Aktion durchgeführt werden, die sich gegebenenfalls im Bereich der Harmonisierung der technischen Normen als notwendig erweist.
(3) Das Ziel der Interoperabilität des Eisenbahnsystems der Union sollte zur Bestimmung eines optimalen Niveaus der technischen Harmonisierung führen und es ermöglichen, grenzüberschreitende Eisenbahnverkehrsdienste in der Union und mit Drittländern zu erleichtern, zu verbessern und auszubauen sowie zur schrittweisen Verwirklichung des Binnenmarkts für Ausrüstungen und Dienstleistungen für den Bau, die Erneuerung, die Aufrüstung und den Betrieb des Eisenbahnsystems der Union beizutragen.
(4) Um einen Beitrag zur Vollendung des einheitlichen europäischen Eisenbahnraums zu leisten, Kosten und Dauer der Genehmigungsverfahren zu senken und die Eisenbahnsicherheit zu verbessern, ist es angemessen, die Genehmigungsverfahren auf Unionsebene zu modernisieren und zu vereinheitlichen.
(5) Untergrundbahnen, Straßenbahnen und andere Stadtbahnsysteme unterliegen in vielen Mitgliedstaaten lokalen technischen Anforderungen. Diese öffentlichen Personennahverkehrsdienste unterliegen in der Regel nicht der Erteilung von Genehmigungen innerhalb der Union. Darüber hinaus unterliegen Straßenbahnen und andere Stadtbahnsysteme aufgrund der gemeinsamen Infrastrukturnutzung oftmals den Vorschriften für den Straßenverkehr. Aus diesen Gründen ist für diese lokalen Systeme keine Interoperabilität erforderlich, und sie sollten daher vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen werden. Es steht den Mitgliedstaaten jedoch frei, die Bestimmungen dieser Richtlinie auch auf lokale Bahnsysteme anzuwenden, soweit sie dies für sinnvoll erachten.
(*1) ABl. C 327 vom 12.11.2013, S. 122.
(*2) ABl. C 356 vom 5.12.2013, S. 92.
(*3) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 26. Februar 2014 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 10. Dezember 2015 (ABl. C 57 vom 12.2.2016, S. 1). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 28. April 2016 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(*4) Richtlinie 2008/57/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft (ABl. L 191 vom 18.7.2008, S. 1).
(6) Eine Zweisystem-Stadtbahn ist ein Verkehrskonzept, das einen kombinierten Betrieb sowohl auf Infrastrukturen für Stadtbahnen als auch auf Eisenbahninfrastrukturen gestattet. Den Mitgliedstaaten sollte es gestattet sein,
diejenigen Fahrzeuge vom Geltungsbereich der Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie auszunehmen, die in erster Linie auf den Infrastrukturen der Stadtbahnen genutzt werden, aber mit bestimmten Bauteilen für schwere Eisenbahnfahrzeuge ausgerüstet sind, die für den Durchgangsverkehr auf einem begrenzten Abschnitt der Eisenbahninfrastrukturen ausschließlich zu Verbindungszwecken erforderlich sind. Nutzen Zweisystem-Stadtbahnfahrzeuge Eisenbahninfrastrukturen, so sollte die Erfüllung aller grundlegenden Anforderungen sichergestellt werden, ebenso wie die Erfüllung des erwarteten Sicherheitsniveaus auf den betreffenden Strecken. Bei grenzüberschreitenden Fällen sollten die zuständigen Behörden zusammenarbeiten.
(7) Voraussetzung für den kommerziellen Zugbetrieb im gesamten Eisenbahnnetz ist insbesondere eine hervorragende Kompatibilität zwischen Infrastruktur- und Fahrzeugmerkmalen, jedoch auch eine effiziente Verknüpfung der Informations- und Kommunikationssysteme der verschiedenen Infrastrukturbetreiber und
Eisenbahnunternehmen. Von dieser Kompatibilität und Verknüpfung hängen das Leistungsniveau, die Sicherheit und die Qualität der angebotenen Verkehrsdienste sowie deren Kosten ab, und auf dieser Kompatibilität und Verknüpfung beruht vor allem die Interoperabilität des Eisenbahnsystems der Union.
(8) In den Rechtsvorschriften für den Eisenbahnsektor auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten sollten die Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar geregelt werden, um sicherzustellen, dass die für Eisenbahnnetze geltenden Sicherheits-, Gesundheits- und Verbraucherschutzvorschriften beachtet werden. Diese Richtlinie sollte nicht zu einem verringerten Sicherheitsniveau oder höheren Kosten für das Eisenbahnsystem der Union führen.
Daher sollten die Europäische Eisenbahnagentur (im Folgenden „Agentur“) errichtet durch die Verordnung (EU) 2016/796 des Europäischen Parlaments und des Rates (*1) und die nationalen Sicherheitsbehörden die volle Verantwortung für die von ihnen ausgestellten Genehmigungen tragen.
(9) Die für Eisenbahnsysteme, Teilsysteme und Bauteile geltenden nationalen Rechtsvorschriften, internen Regelungen und technischen Spezifikationen weisen große Unterschiede auf, da sie Ausdruck der technischen Besonderheiten
der Industrie des jeweiligen Landes sind und ganz bestimmte Abmessungen, Vorrichtungen sowie besondere Merkmale festlegen. Dieser Sachverhalt kann einen flüssigen Zugverkehr im gesamten Gebiet der Union behindern.
(10) Die Eisenbahnindustrien der Union brauchen einen offenen und wettbewerbsorientierten Markt, damit sie ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt verbessern können.
(11) Für die gesamte Union sind daher grundlegende Interoperabilitätsanforderungen für ihr Eisenbahnsystem festzulegen.
(12) Die Erstellung der technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (im Folgenden „TSI“) hat gezeigt, dass es einer Klarstellung bezüglich des Verhältnisses zwischen den grundlegenden Anforderungen und den TSI einerseits und den europäischen Normen und anderen Schriftstücken normativen Charakters andererseits bedarf. Insbesondere sollte klar unterschieden werden zwischen Normen oder Teilen von Normen, die für verbindlich erklärt werden sollten, damit die Ziele dieser Richtlinie erreicht werden, und harmonisierten Normen, die nach
der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (*2) erstellt worden sind. Soweit unbedingt erforderlich, können die TSI ausdrücklich auf die europäischen Normen oder Spezifikationen verweisen, die mit Beginn der Gültigkeit der TSI verbindlich werden.
(13) Um die Wettbewerbsfähigkeit der Schienenverkehrsbranche in der Union tatsächlich zu verbessern, ohne den Wettbewerb zwischen den Hauptakteuren des Eisenbahnsystems der Union zu verzerren, sollten die TSI und die Empfehlungen der Agentur zu diesen TSI nach den Grundsätzen der Offenheit, des Konsenses und der
Transparenz gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 erarbeitet werden.
(14) Ein hochwertiger Eisenbahnverkehr in der Union setzt unter anderem eine hervorragende Kompatibilität zwischen den Merkmalen des Netzes (im weitesten Sinne, einschließlich der ortsfesten Teile aller betroffenen Teilsysteme) und den Fahrzeugmerkmalen, (einschließlich der fahrzeugseitigen Teile aller betroffenen Teilsysteme) voraus. Von dieser Kompatibilität hängen das Leistungsniveau, die Sicherheit und die Qualität der Verkehrsdienste sowie deren Kosten ab.
(*1) Verordnung (EU) 2016/796 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Europäische Eisenbahnagentur und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 881/2004 (siehe Seite 1 dieses Amtsblatts).
(*2) Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur europäischen Normung, zur Änderung der Richtlinien 89/686/EWG und 93/15/EWG des Rates sowie der Richtlinien 94/9/EG, 94/25/EG, 95/16/EG, 97/23/EG, 98/34/EG, 2004/22/EG, 2007/23/EG, 2009/23/EG und 2009/105/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung des Beschlusses 87/95/EWG des Rates und des Beschlusses Nr. 1673/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 316 vom 14.11.2012, S. 12).
(15) TSI haben unmittelbare oder potenzielle Auswirkungen auf Mitarbeiter, die am Betrieb und an der Wartung von Teilsystemen beteiligt sind. Bei der Ausarbeitung der TSI sollte die Agentur daher gegebenenfalls die Sozialpartner anhören.
(16) Sämtliche Bedingungen, denen eine Interoperabilitätskomponente genügen sollte, sowie das bei der Konformitätsbewertung einzuhaltende Verfahren sollten in einer TSI festgelegt werden. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass jede Komponente dem in den TSI angegebenen Verfahren zur Bewertung der Konformität und Gebrauchstauglichkeit unterzogen werden sollte und mit einer entsprechenden Bescheinigung versehen werden sollte, die sich entweder auf die Bewertung der Konformität einer einzelnen Interoperabilitätskomponente mit den einschlägigen technischen Spezifikationen oder auf die Bewertung der Gebrauchstauglichkeit einer Interoperabilitätskomponente in ihrer eisenbahntechnischen Umgebung in Bezug auf die technischen Spezifikationen erstreckt.
(17) Bei der Erarbeitung neuer TSI sollte stets angestrebt werden, Kompatibilität mit den vorhandenen Teilsystemen zu gewährleisten. Hierdurch wird ein Beitrag geleistet zur Wettbewerbsfähigkeit des Eisenbahnverkehrs und zur Vermeidung unnötiger zusätzlicher Kosten durch die Anforderung der Erneuerung oder Aufrüstung bestehender Teilsysteme, um die Rückwärtskompatibilität zu gewährleisten. In den Ausnahmefällen, in denen es nicht möglich ist, die Kompatibilität zu gewährleisten, sollte es für TSI möglich sein, den notwendigen Rahmen schaffen, um zu entscheiden, ob eine neue Entscheidung oder Genehmigung zur Inbetriebnahme oder zum Inverkehrbringen des bestehenden Teilsystems notwendig ist und welche Fristen hierfür gegebenenfalls gelten.
(18) Können einzelne technische Aspekte, die grundlegenden Anforderungen entsprechen, nicht ausdrücklich in einer TSI behandelt werden, so sollten solche Aspekte, die noch einer Klärung bedürfen, in einem Anhang dieser TSI als „offene Punkte“ benannt werden. Für diese offenen Punkte sowie für Sonderfälle und im Hinblick auf Kompatibilität mit den vorhandenen Systemen sollten nationale Vorschriften, die in einem Mitgliedstaat von einer zuständigen nationalen, regionalen oder örtlichen Behörde erlassen werden können, maßgebend sein. Zur
Vermeidung von überflüssigen Prüfungen und unnötigem Verwaltungsaufwand sollten die nationalen Vorschriften klassifiziert werden, um die Entsprechungen zwischen den Vorschriften verschiedener Mitgliedstaaten, die dieselben Aspekte behandeln, zu ermitteln.
(19) Das Verfahren, das im Falle grundlegender Anforderungen an ein Teilsystem, die in der entsprechenden TSI noch nicht behandelt werden, anzuwenden ist, sollte festgelegt werden. In diesem Fall sollte es sich bei den Stellen, die mit den Konformitätsbewertungs- und Prüfverfahren beauftragt sind, um die bestimmten Stellen gemäß dieser Richtlinie handeln.
(20) Diese Richtlinie sollte für das gesamte Eisenbahnsystem der Union gelten, und der Geltungsbereich der TSI sollte ausgeweitet werden, um die Fahrzeuge und Netze einzubeziehen, die nicht zum transeuropäischen Eisenbahnsystem gehören. Anhang I der Richtlinie 2008/57/EG sollte daher vereinfacht werden.
(21) Die funktionellen und technischen Spezifikationen, denen die Teilsysteme und ihre Schnittstellen entsprechen müssen, können je nach Einsatz der betreffenden Teilsysteme, zum Beispiel in Abhängigkeit von den Strecken- und Fahrzeugkategorien, insbesondere zur Gewährleistung der Kohärenz von Hochgeschwindigkeitsbahnsystemen und konventionellen Bahnsystemen, voneinander abweichen.
(22) Um die Eisenbahninteroperabilität in der gesamten Union schrittweise zu verwirklichen und die unterschiedlichen Altsysteme allmählich aneinander anzugleichen, sollten in den TSI die für die Erneuerung oder Aufrüstung
bestehender Teilsysteme geltenden Bestimmungen und gegebenenfalls Vorschläge für den stufenweisen Abschluss des Zielsystems genannt werden. Um jedoch die Wettbewerbsfähigkeit des Eisenbahnsektors aufrechtzuerhalten und übermäßige Kosten zu vermeiden, sollte das Inkrafttreten neuer oder geänderter TSI nicht zu einer sofortigen Anpassung von Fahrzeugen und Infrastruktureinrichtungen an die neuen Spezifikationen führen.
(23) In den TSI sollte angegeben werden, wann die Aufrüstung und die Erneuerung von Infrastruktureinrichtungen und Fahrzeugen eine neue Genehmigung erforderlich macht. In jedem Fall sollte der Antragsteller für die Aufrüstung und die Erneuerung von Infrastruktureinrichtungen durch die in der Verordnung (EU) 2016/796 genannte einzige Anlaufstelle ein Dossier bei der nationalen Sicherheitsbehörde einreichen, damit diese entscheiden kann, ob auf der Grundlage der Kriterien der vorliegenden Richtlinie eine neue Genehmigung erforderlich ist. Im Falle der Aufrüstung und der Erneuerung von Fahrzeugen mit einer Genehmigung für das Inverkehrbringen sollte der Antragsteller entscheiden können, ob er auf der Grundlage der Kriterien der vorliegenden Richtlinie bei der nationalen Sicherheitsbehörde oder der Agentur eine neue Genehmigung beantragen muss.
(24) Wegen des Stufenkonzepts zur Beseitigung der Hindernisse für die Interoperabilität des Eisenbahnsystems der Union und der deshalb erforderlichen Zeit für die Verabschiedung von TSI muss vermieden werden, dass die Mitgliedstaaten neue nationale Regelungen erlassen oder Vorhaben in Angriff nehmen, die die Uneinheitlichkeit des bestehenden Systems noch verstärken.
(25) Um Interoperabilitätsbarrieren abzubauen, sollte die Menge der nationalen Vorschriften durch die Ausweitung des Geltungsbereichs der TSI auf das gesamte Eisenbahnsystem der Union allmählich verringert werden. Es sollte unterschieden werden zwischen den nationalen Vorschriften, die sich strikt auf die vorhandenen Systeme beziehen, und denen, die zur Behandlung offener Punkte in den TSI notwendig sind. Letztere Gruppe von Vorschriften sollten im Zuge der Klärung offener Punkte in den TSI schrittweise aufgehoben werden.
(26) Nationale Vorschriften sollten so erarbeitet und veröffentlicht werden, dass sie jedem potenziellen Nutzer eines nationalen Netzes verständlich sind. In diesen Vorschriften wird oft auf andere Dokumente wie nationale Normen, europäische Normen, internationale Normen oder andere technische Spezifikationen Bezug genommen, die möglicherweise ganz oder in Teilen durch Rechte des geistigen Eigentums geschützt sind. Daher sollte die Pflicht zur Veröffentlichung nicht für Dokumente gelten, auf die in der nationalen Vorschrift direkt oder indirekt
Bezug genommen wird.
(27) Das Stufenkonzept entspricht den Erfordernissen der angestrebten Interoperabilität für das Eisenbahnsystem der Union, das sich durch einen alten Fahrweg- und Fahrzeugbestand in den Mitgliedstaaten auszeichnet, dessen
Aufrüstung oder Erneuerung mit erheblichen Investitionen verbunden ist; es ist besonders darauf zu achten, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Eisenbahn gegenüber anderen Verkehrsträgern aufrechterhalten wird.
(28) Aus praktischen Gründen hat es sich als notwendig erwiesen, das Eisenbahnsystem der Union aufgrund seines Umfangs und seiner komplexen Struktur in die folgenden Teilsysteme zu untergliedern: Infrastruktur,
streckenseitige Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung, fahrzeugseitige Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung, Energie, Fahrzeuge, Betriebsführung und Verkehrssteuerung, Instandhaltung und Telematikan
wendungen für den Personen- und Güterverkehr. Für jedes dieser Teilsysteme müssen die grundlegenden Anforderungen und die technischen Spezifikationen vorgeschrieben werden, insbesondere für die Komponenten und Schnittstellen, mit denen diese grundlegenden Anforderungen erfüllt werden. Jedes System wird in ortsfeste und mobile Komponenten aufgeteilt: einerseits das Netz, das aus den Strecken, Bahnhöfen, Terminals und ortsfesten Einrichtungen jeglicher Art besteht, die für die Gewährleistung des sicheren und durchgehenden Betriebs des Systems erforderlich sind, und andererseits alle Fahrzeuge, die auf diesem Netz verkehren. Daher besteht ein Fahrzeug für die Zwecke dieser Richtlinie aus einem Teilsystem (Fahrzeug) und gegebenenfalls anderen Teilsystemen (in erster Linie fahrzeugseitige Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung). Obgleich das System in mehrere Bestandteile untergliedert ist, sollte die Agentur einen Gesamtüberblick über das System behalten, um Sicherheit und Interoperabilität zu fördern.
(29) Einer der allgemeinen Grundsätze des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, dem die Union als Vertragspartei angehört, ist die Barrierefreiheit, und die Vertragsstaaten werden zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen verpflichtet, um Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu ermöglichen, unter anderem durch die Entwicklung, Verbreitung und Überwachung der Einhaltung entsprechender Mindeststandards und Leitlinien für die Zugänglichkeit. Barrierefreiheit für Menschen mit
Behinderung und Personen mit eingeschränkter Mobilität ist somit eine grundlegende Voraussetzung für die Interoperabilität des Eisenbahnsystems der Union.
(30) Kein Mensch darf aufgrund einer Behinderung unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden. Um zu gewährleisten, dass allen Unionsbürgern die Vorteile der Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums zugutekommen, sollten die Mitgliedstaaten ein Eisenbahnsystem fördern, das für alle zugänglich
ist.
(31) Die Durchführung der Bestimmungen über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems der Union sollte nicht dazu führen, dass übermäßige Kosten entstehen oder die Aufrechterhaltung der Interoperabilität bestehender Eisenbahnnetze unterlaufen wird.
(32) TSI wirken sich auch auf die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Eisenbahn durch die Benutzer aus; daher ist es erforderlich, die Benutzer, einschließlich gegebenenfalls Behindertenverbände, zu den sie betreffenden
Aspekten anzuhören.
(33) In ausreichend begründeten Ausnahmefällen ist den betroffenen Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, bestimmte TSI nicht anzuwenden. Diese Fälle sowie die bei Nichtanwendung einer bestimmten TSI anzuwendenden Verfahren sollten klar festgelegt werden.
(34) Die Ausarbeitung und Anwendung von TSI für das Eisenbahnsystem der Union darf die technologische Innovation nicht behindern; diese wiederum muss auf eine Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtet sein.
(35) Um den einschlägigen Bestimmungen in Bezug auf die Vergabe von Aufträgen im Eisenbahnbereich, insbesondere der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (*1), zu entsprechen, werden die Auftraggeber die technischen Spezifikationen in die allgemeinen Unterlagen oder in die Vertragsunterlagen für jeden einzelnen Auftrag aufnehmen. Zu diesem Zweck ist es notwendig, eine Reihe von Vorschriften auszuarbeiten, auf die in diesen technischen Spezifikationen Bezug genommen wird.
(36) Die Union hat ein Interesse an einem den Anforderungen der Unionspolitik entsprechenden internationalen Normungssystem, mit dem Normen aufgestellt werden können, die von den internationalen Handelspartnern tatsächlich angewendet werden. Die europäischen Normungsorganisationen sollten daher ihre Zusammenarbeit mit internationalen Normungsorganisationen fortsetzen.
(37) Bei einem Auftraggeber, der die Planung, den Bau, die Erneuerung oder Aufrüstung eines Teilsystems in Auftrag gibt, könnte es sich um ein Eisenbahnunternehmen, einen Infrastrukturbetreiber, eine für die Instandhaltung
zuständige Stelle, einen Halter oder einen mit der Durchführung eines Vorhabens beauftragten Auftragnehmer handeln. Die Auftraggeber sollten die Spezifikationen bestimmen, die zur Ergänzung der europäischen Spezifikationen oder anderer Normen erforderlich sind. Diese Spezifikationen sollten die grundlegenden
Anforderungen erfüllen, die auf Unionsebene harmonisiert worden sind und denen das Eisenbahnsystem der Union entsprechen wird.
(38) Die Verfahren der Konformitäts- oder Gebrauchstauglichkeitsbewertung von Komponenten müssen auf den Modulen für die Verfahren der Konformitäts- und Gebrauchstauglichkeitsbewertung sowie der EG-Prüfung beruhen, deren Anwendung in den gemäß dieser Richtlinie angenommenen technischen Spezifikationen für die Interoperabilität festgelegt wurden. Um die Entwicklung der betreffenden Industrien zu fördern, sollten so weit wie möglich Verfahren mit einem Qualitätssicherungssystem erarbeitet werden.
(39) Für die Konformität der Komponenten ist vor allem das Verwendungsgebiet maßgebend, damit nicht nur der freie Verkehr im Unionsmarkt, sondern auch die Interoperabilität des Systems gewährleistet ist. Die Bewertung der Gebrauchstauglichkeit sollte sich auf Komponenten, die für die Sicherheit, die Funktionstüchtigkeit oder die Wirtschaftlichkeit des Systems von besonders kritischer Bedeutung sind, erstrecken. Infolgedessen braucht der Hersteller auf Komponenten, die dieser Richtlinie unterliegen, die CE-Kennzeichnung nicht anzubringen. Die Konformitätserklärung des Herstellers sollte ausreichen, wenn die Konformitäts- und/oder Gebrauchstauglichkeitsbewertung vorgenommen worden ist.
(40) Die Hersteller sind gleichwohl verpflichtet, auf bestimmten Komponenten die CE-Kennzeichnung anzubringen, die die Konformität mit anderem Unionsrecht bestätigt.
(41) Bei Inkrafttreten einer TSI sind einige der Interoperabilitätskomponenten bereits in Verkehr gebracht worden. Damit diese Komponenten in ein Teilsystem integriert werden können, auch wenn sie der betreffenden TSI nicht genau entsprechen, sollte eine Übergangszeit vorgesehen werden.
(42) Die Teilsysteme des Eisenbahnsystems der Union sind einem Prüfverfahren zu unterziehen. Diese Prüfung sollte den für die Inbetriebnahme oder das Inverkehrbringen zuständigen Stellen die Gewähr bieten, dass die Ergebnisse
auf der Planungs-, Bau- und Inbetriebnahmestufe den geltenden ordnungsrechtlichen, technischen und betrieblichen Vorschriften entsprechen. Die Hersteller sollten auch von der Gleichbehandlung in allen Mitgliedstaaten ausgehen können.
(43) Nach der Inbetriebnahme oder dem Inverkehrbringen von Teilsystemen sollte sichergestellt werden, dass diese Teilsysteme gemäß den sie betreffenden grundlegenden Anforderungen betrieben und instand gehalten werden.
Gemäß der Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates (*2) sind die Infrastrukturbetreiber, die Eisenbahnunternehmen oder die für die Instandhaltung zuständigen Stellen dafür verantwortlich, dass diese Anforderungen für ihre jeweiligen Teilsysteme erfüllt werden.
(44) Stellt sich im Betrieb heraus, dass ein Fahrzeug oder ein Fahrzeugtyp eine der geltenden grundlegenden Anforderungen nicht erfüllt, so sollten die betreffenden Eisenbahnunternehmen die erforderlichen Korrekturmaßnahmen ergreifen, um die Übereinstimmung des Fahrzeugs/der Fahrzeuge herzustellen. Führt diese Nichtüber-einstimmung darüber hinaus zu einem schwerwiegenden Sicherheitsrisiko, so sollten die für die Überwachung des Verkehrs des Fahrzeugs zuständigen nationalen Sicherheitsbehörden die erforderlichen vorübergehenden Sicherheitsmaßnahmen ergreifen können, einschließlich der sofortigen Beschränkung oder Aussetzung des
jeweiligen Betriebs. Erweisen sich die Korrekturmaßnahmen als unzureichend und besteht das durch die Nichtübereinstimmung entstandene schwerwiegende Sicherheitsrisiko weiterhin, sollte es den nationalen Sicherheitsbehörden oder der Agentur möglich sein, die Genehmigung zu widerrufen oder zu ändern. In diesem
Zusammenhang sollte eine schwerwiegende Nichteinhaltung rechtlicher Verpflichtungen, die alleine oder in einer Abfolge von aus der Nichteinhaltung resultierenden Ereignissen zu einem Unfall oder schweren Unfall führen
kann, als schwerwiegendes Sicherheitsrisiko gelten. Das Widerrufsverfahren sollte durch einen angemessenen Informationsaustausch zwischen der Agentur und den nationalen Sicherheitsbehörden, einschließlich der Nutzung von Registern, erleichtert werden.
(*1) Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch
Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie
2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243).
(*2) Richtlinie (EU) 2016/798 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Sicherheit im Eisenbahnverkehr (siehe
Seite 102 dieses Amtsblatts).
(45) Die jeweiligen Aufgaben und Zuständigkeiten aller beteiligten Akteure sollten in Bezug auf die Verfahren für das Inverkehrbringen und den Einsatz von Fahrzeugen sowie für die Inbetriebnahme ortsfester Einrichtungen präzisiert werden.
(46) Die Agentur und die nationalen Sicherheitsbehörden sollten unter gebührender Berücksichtigung der Sicherheit zusammenarbeiten und entsprechend gemeinsame Zuständigkeiten für die Erteilung von Genehmigungen haben.
Zu diesem Zweck sollten Kooperationsvereinbarungen zwischen der Agentur und den nationalen Sicherheitsbehörden geschlossen werden.
(47) Um sicherzustellen, dass die Ausrüstung des Europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems (European Rail Traffic Management System, ERTMS) mit den geltenden einschlägigen Spezifikationen übereinstimmt, und um zu
verhindern, dass zusätzliche Anforderungen an das ERTMS dessen Interoperabilität beeinträchtigen, sollte die Agentur als „Behörde für das ERTMS-System“ fungieren. Zu diesem Zweck sollte die Agentur dafür verantwortlich sein, die geplanten technischen Lösungen zu bewerten, bevor Ausschreibungen für streckenseitige
ERTMS-Ausrüstung auf den Weg gebracht oder veröffentlicht werden, um zu prüfen, ob diese technischen Lösungen mit den einschlägigen TSI übereinstimmen und vollständig interoperabel sind. Überschneidungen zwischen dieser Bewertung durch die Agentur und den Aufgaben der notifizierten Stellen im Prüfverfahren
sollten vermieden werden. Daher sollte der Antragsteller die Agentur unterrichten, wenn das von der benannten Stelle durchgeführte Prüfverfahren bereits begonnen hat oder wenn bereits eine Konformitätsbescheinigung vorliegt. Der Antragsteller sollte die Wahl haben, ob er bei der Agentur solche Bewertungen für jedes einzelne
ERTMS-Projekt oder für eine Kombination von Vorhaben, eine Strecke, eine Gruppe von Strecken oder ein Netz beantragt.
(48) Das Inkrafttreten dieser Richtlinie sollte die Durchführung von ERTMS-Vorhaben, für die das Ausschreibungs- oder Vergabeverfahren bereits abgeschlossen ist, nicht verzögern.
(49) Um das Inverkehrbringen von Fahrzeugen zu erleichtern und den Verwaltungsaufwand zu verringern, sollte das Konzept einer unionsweit gültigen Genehmigung für das Inverkehrbringen von Fahrzeugen eingeführt werden.
Auch wenn die Genehmigungen für das Inverkehrbringen den Handelsverkehr mit Fahrzeugen auf dem gesamten Unionsmarkt gestatten, darf ein Fahrzeug nur in dem Verwendungsgebiet genutzt werden, für das die Genehmigung erteilt wird. In diesem Zusammenhang sollte für jede Erweiterung des Verwendungsgebiets eine
aktualisierte Genehmigung für das Fahrzeug erforderlich sein. Es ist erforderlich, dass bereits nach vorausgehenden Richtlinien zugelassene Fahrzeuge ebenfalls eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erhalten, falls sie auf Netzen eingesetzt werden sollen, die nicht unter ihre Genehmigung fallen.
(50) Ist das Verwendungsgebiet auf ein Netz oder Netze innerhalb eines Mitgliedstaats beschränkt, so sollte der Antragsteller wählen können, ob er seinen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen von
Fahrzeugen durch die in der Verordnung (EU) 2016/796 genannte einzige Anlaufstelle bei der nationalen Sicherheitsbehörde des jeweiligen Mitgliedstaats oder bei der Agentur einreicht. Die Wahl des Antragstellers sollte bis zum Abschluss oder zur Beendigung des Antrags verbindlich sein.
(51) Dem Antragsteller sollte ein geeignetes Beschwerdeverfahren gegen eine Entscheidung der Agentur oder der nationalen Sicherheitsbehörden oder deren Untätigkeit zur Verfügung stehen. Für den Fall, dass die Agentur und
die nationalen Sicherheitsbehörden unterschiedliche Auffassungen in Bezug auf Bewertungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Fahrzeuggenehmigungen vertreten, sollten darüber hinaus eindeutige Bestimmungen zu den Verfahren und zur Beilegung von Streitigkeiten festgelegt werden.
(52) Spezifische Maßnahmen, einschließlich Kooperationsvereinbarungen, sollten geografische und geschichtliche Gegebenheiten bestimmter Mitgliedstaaten berücksichtigen und dabei das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts gewährleisten.
(53) Ist der Betrieb auf Netze beschränkt, die aus geografischen oder historischen Gründen spezielle Fachkenntnisse erfordern, und sind diese Netze vom Rest des Eisenbahnsystems der Union abgetrennt, so sollte es dem Antragsteller möglich sein, die erforderlichen Formalitäten auf lokaler Ebene im Benehmen mit den zuständigen
nationalen Sicherheitsbehörden vorzunehmen. Im Hinblick auf die Verringerung des Verwaltungsaufwands und der Kosten sollte es möglich sein, dass die zwischen der Agentur und den zuständigen nationalen Sicherheitsbehörden zu schließenden Kooperationsvereinbarungen zu diesem Zweck die entsprechende Aufteilung der
Aufgaben vorsehen, jedoch ohne der endgültigen Zuständigkeit der Agentur für die Erteilung der Genehmigung vorzugreifen.
(54) Die Eisenbahnnetze der baltischen Staaten (Estland, Lettland und Litauen) haben genau wie benachbarte Drittländer eine Spurweite von 1 520 mm; allerdings unterscheidet sich diese von der Spurweite des Haupteisenbahnnetzes der Union. Diese baltischen Eisenbahnnetze haben gemeinsame historische technische und betriebsbezogene Anforderungen, die de facto für die Interoperabilität dieser Eisenbahnnetze sorgen; insofern könnten die in einem dieser Mitgliedstaaten ausgestellten Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Fahrzeugen für die
anderen dieser Eisenbahnnetze gültig sein. Um in diesen Fällen eine effiziente und angemessene Zuweisung von Ressourcen für die Erteilung von Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Fahrzeugen oder von Typgenehmigungen von Fahrzeugen zu erleichtern und die Verwaltungslast für den Antragsteller und die ihm entstehenden Kosten zu verringern, sollten die spezifischen Vorkehrungen für die Zusammenarbeit zwischen der Agentur und den zuständigen nationalen Sicherheitsbehörden gegebenenfalls die Möglichkeit der vertraglichen Vergabe von
Aufgaben an diese nationalen Sicherheitsbehörden vorsehen.
(55) Mitgliedstaaten, in denen ein bedeutender Anteil des Schienenverkehrs mit Drittstaaten abgewickelt wird, die über die gleiche, sich vom Haupteisenbahnnetz der Union unterscheidende Spurweite verfügen, sollten andere Genehmigungsverfahren für gemeinsam mit diesen Drittstaaten genutzte Güterwagen und Reisezugwagen beibehalten können.
(56) Aus Gründen der Rückverfolgbarkeit und Sicherheit sollten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auf Antrag des Fahrzeughalters einem Fahrzeug eine europäische Fahrzeugnummer zuweisen. Anschließend sollten die Informationen über das Fahrzeug in ein Fahrzeugeinstellungsregister aufgenommen werden. Die Fahrzeugeinstellungsregister sollten allen Mitgliedstaaten und bestimmten Wirtschaftsteilnehmern in der Union zur Abfrage zugänglich sein. Die Fahrzeugeinstellungsregister sollten ein einheitliches Datenformat aufweisen. Sie sollten deshalb gemeinsamen funktionellen und technischen Spezifikationen unterliegen. Um den Verwaltungsaufwand zu verringern und unangemessene Kosten zu vermeiden, sollte die Kommission eine Spezifikation für ein europäisches Fahrzeugeinstellungsregister beschließen, in das die nationalen Fahrzeugeinstellungsregister übernommen werden, um ein gemeinsames Instrument zu schaffen und gleichzeitig die Aufrechterhaltung zusätzlicher, für die besonderen Zwecke der Mitgliedstaaten bedeutsamer, Funktionen zu ermöglichen.
(57) Um die Rückverfolgung von Fahrzeugen und ihrer Vorgeschichte zu ermöglichen, sollten die Angaben zu den Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Fahrzeugen zusammen mit den übrigen Fahrzeugdaten dokumentiert werden.
(58) Es sollten Verfahren für die Prüfung der Komptabilität zwischen Fahrzeug und Strecke, auf der es eingesetzt werden soll, nach der Ausstellung der Genehmigung für das Inverkehrbringen des Fahrzeugs und vor dem Einsatz des Fahrzeugs durch ein Eisenbahnunternehmen in dem in der Genehmigung für das Inverkehrbringen
angegebenen Verwendungsgebiet festgelegt werden.
(59) Die benannten Stellen, die mit der Durchführung der Konformitäts- und Gebrauchstauglichkeitsbewertung sowie mit dem Prüfverfahren für die Teilsysteme betraut sind, sollten ihre Entscheidungen insbesondere dann, wenn europäische Spezifikationen fehlen, so eng wie möglich aufeinander abstimmen.
(60) Die transparente Akkreditierung nach der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (*1) sollte zur Gewährleistung des notwendigen Maßes an Vertrauen in Konformitätsbescheinigungen unionsweit von den nationalen Behörden als bevorzugtes Mittel zum Nachweis der fachlichen Kompetenz benannter Stellen und, entsprechend, der mit der Kontrolle der Einhaltung nationaler Vorschriften betrauten Stellen angesehen werden. Allerdings sollten nationale Behörden die Auffassung vertreten können, dass sie selbst
die geeigneten Mittel besitzen, um diese Begutachtung vorzunehmen. Um in solchen Fällen die Glaubwürdigkeit der durch andere nationale Behörden vorgenommenen Begutachtungen zu gewährleisten, sollten sie der
Kommission und den anderen Mitgliedstaaten die erforderlichen Unterlagen übermitteln, aus denen hervorgeht, dass die begutachteten Konformitätsbewertungsstellen die einschlägigen rechtlichen Anforderungen erfüllen.
(61) Diese Richtlinie sollte sich auf die Festlegung der für Interoperabilitätskomponenten und Teilsysteme geltenden Interoperabilitätsanforderungen beschränken. Um die Einhaltung dieser Anforderungen zu erleichtern, ist es erforderlich, eine Konformitätsvermutung für Interoperabilitätskomponenten und Teilsysteme vorzusehen, die den harmonisierten Normen entsprechen, welche gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 zum Zweck der Angabe ausführlicher technischer Spezifikationen in Bezug auf diese Anforderungen angenommen werden.
(62) Aufgrund dieser Richtlinie ergriffene Maßnahmen sollten durch Initiativen ergänzt werden, die dazu dienen, innovativen und interoperablen Technologien im Eisenbahnsektor der Union finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen.
(*1) Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30).
(63) Um nicht wesentliche Teile dieser Richtlinie zu ergänzen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte über die spezifischen Ziele von TSI zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.
(64) Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Richtlinie sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse für folgende Bereiche übertragen werden: TSI und Änderungen von TSI, einschließlich Änderungen zur Behebung von Mängeln in TSI; das Muster der EG-Konformitäts- und der Gebrauchstauglichkeitserklärung von Interoperabilitätskomponenten und die Begleitdokumente; die Informationen, die in das Dossier aufzunehmen sind, das dem Antrag auf die vollständige oder teilweise Nichtanwendung einer oder mehrerer TSI beigefügt werden sollte, das Format und die Methoden der Übermittlung des Dossiers sowie gegebenenfalls die Entscheidung über die Nichtanwendung von TSI; die Einstufung der notifizierten nationalen Vorschriften in
verschiedene Gruppen, um die Prüfung der Kompatibilität zwischen ortsfester und mobiler Ausrüstung zu erleichtern; die Einzelheiten des EG-Prüfverfahrens und das Prüfverfahren im Fall nationaler Regelungen sowie die Muster der EG-Prüferklärung und die Muster für Unterlagen des der Prüferklärung beizufügenden technischen
Dossiers sowie die Muster für Prüfbescheinigungen; die praktischen Vorkehrungen für die Fahrzeuggenehmigung; das Muster der Typenkonformitätserklärung und gegebenenfalls die Ad-hoc-Module für die Konformitätsbewertung; die nationalen Fahrzeugeinstellungsregister, das europäische Fahrzeugeinstellungsregister und das
Register der Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Fahrzeugtypen, und die gemeinsamen Spezifikationen für den Inhalt, das Datenformat, die funktionelle und technische Architektur, die Betriebsweise und die Vorschriften für die Dateneingabe und -abfrage für das Infrastrukturregister. Diese Befugnisse sollten gemäß der
Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (*1) ausgeübt werden.
(65) Die TSI sollten regelmäßig überarbeitet werden. Für den Fall, dass Mängel in den TSI festgestellt werden, sollte die Agentur zu einer Stellungnahme aufgefordert werden, die unter bestimmten Bedingungen veröffentlicht und von allen Beteiligten (einschließlich der Unternehmen und der benannten Stellen) bis zur Änderung der betreffenden TSI als geeigneter Konformitätsnachweis verwendet werden kann.
(66) Durchführungsrechtsakte, mit denen neue TSI erstellt oder TSI geändert werden, sollten den von der Kommission im Wege von delegierten Rechtsakten festgelegten spezifischen Zielen Rechnung tragen.
(67) Es sind bestimmte organisatorische Schritte notwendig, um die Agentur auf ihre erweiterte Rolle im Rahmen dieser Richtlinie vorzubereiten. Daher sollte eine angemessene Übergangszeit vorgesehen werden. In diesem Zeitraum sollte die Kommission die Fortschritte der Agentur bei der Vorbereitung auf ihre erweiterte Rolle überprüfen. Danach sollte die Kommission regelmäßig über die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Richtlinie Bericht erstatten. Insbesondere sollte in diesem Bericht das Fahrzeuggenehmigungsverfahren, die Fälle, in denen TSI nicht angewendet werden, und die Nutzung von Registern bewertet werden. Die Kommission sollte auch Bericht erstatten zu Maßnahmen hinsichtlich der Identifikation und Rückverfolgbarkeit sicherheitskritischer Komponenten.
(68) Es ist erforderlich, den Mitgliedstaaten, nationalen Sicherheitsbehörden und Beteiligten ausreichend Zeit zur Vorbereitung der Durchführung dieser Richtlinie zu gewähren.
(69) Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die unionsweite Interoperabilität des Eisenbahnsystems, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des
Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(70) Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht sollte nur jene Bestimmungen betreffen, die im Vergleich zu der Richtlinie 2008/57/EG inhaltlich geändert wurden. Die Verpflichtung zur Umsetzung der unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus der Richtlinie 2008/57/EG.
(71) Die vorliegende Richtlinie sollte die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang V Teil B genannten Frist für die Umsetzung der dort aufgeführten Richtlinien in innerstaatliches Recht unberührt lassen
(*1) Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
KAPITEL I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich
(1) Mit dieser Richtlinie werden die Bedingungen festgelegt, die für die Verwirklichung der Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Union im Einklang mit der Richtlinie (EU) 2016/798 erfüllt sein müssen, um ein optimales Maß an technischer Harmonisierung festzulegen, es zu ermöglichen, Eisenbahnverkehrsdienste in der Union und mit Drittländern zu erleichtern, zu verbessern und zu entwickeln und zur Verwirklichung des einheitlichen europäischen
Eisenbahnraums und zur schrittweisen Vollendung des Binnenmarkts beizutragen. Diese Bedingungen betreffen die Planung, den Bau, die Inbetriebnahme, die Aufrüstung, die Erneuerung, den Betrieb und die Instandhaltung von Bestandteilen dieses Systems und darüber hinaus die Qualifikationen sowie die Gesundheits- und Sicherheitsbedingungen in Bezug auf das für seinen Betrieb und seine Instandhaltung eingesetzte Personal.
(2) Diese Richtlinie enthält für jedes Teilsystem die Bestimmungen über Interoperabilitätskomponenten, Schnittstellen und Verfahren sowie die Bedingungen für die Gesamtkohärenz des Eisenbahnsystems der Union, die zur Verwirklichung der Interoperabilität erforderlich sind.
(3) Diese Richtlinie gilt nicht für
a) Untergrundbahnen;
b) Straßenbahnen und Stadtbahnfahrzeuge sowie Infrastrukturen, die ausschließlich von diesen Fahrzeugen genutzt werden;
c) Netze, die vom übrigen Eisenbahnsystem der Union funktional getrennt sind und die nur für die Personenbeförderung im örtlichen Verkehr, Stadt- oder Vorortverkehr genutzt werden, sowie Unternehmen, die ausschließlich derartige Netze nutzen.
(4) Die Mitgliedstaaten können von den Maßnahmen, die sie zur Durchführung dieser Richtlinie treffen, Folgendes ausnehmen:
a) Eisenbahninfrastrukturen im Privateigentum — einschließlich der Nebengleise —, die von ihrem Eigentümer oder einem Betreiber für den eigenen jeweiligen Güterverkehr oder für die Personenbeförderung zu nichtgewerblichen Zwecken genutzt werden, sowie ausschließlich auf diesen Infrastrukturen genutzte Fahrzeuge;
b) Infrastrukturen und Fahrzeuge, die ausschließlich für den lokal begrenzten Einsatz oder ausschließlich für historische oder touristische Zwecke genutzt werden;
c) Infrastrukturen für Stadtbahnen, die gelegentlich von schweren Eisenbahnfahrzeugen unter den Betriebsbedingungen für das betreffende Stadtbahnsystem genutzt werden, wenn dies für diese Fahrzeuge ausschließlich für
Verbindungszwecke erforderlich ist; und
d) Fahrzeuge, die in erster Linie auf den Infrastrukturen der Stadtbahnen genutzt werden, aber mit bestimmten Bauteilen für schwere Eisenbahnfahrzeuge ausgerüstet sind, die für den Durchgangsverkehr auf einem begrenzten Abschnitt der
Eisenbahninfrastrukturen ausschließlich zu Verbindungszwecken erforderlich sind.
(5) Für Zweisystem-Stadtbahnfahrzeuge, die im Eisenbahnsystem der Union verkehren, gilt für den Fall, dass keine für diese Zweisystem-Stadtbahnfahrzeuge geltenden TSI vorhanden sind, Folgendes:
a) Die betreffenden Mitgliedstaaten stellen sicher, dass nationale Vorschriften oder andere einschlägige zugängliche Maßnahmen erlassen werden, um sicherzustellen, dass diese Zweisystem-Stadtbahnfahrzeuge die einschlägigen grundlegenden Anforderungen erfüllen;
b) die Mitgliedstaaten sind befugt, nationale Vorschriften zu erlassen, um das Genehmigungsverfahren für solche Zweisystem-Stadtbahnfahrzeuge festzulegen. Die Behörde, die die Fahrzeuggenehmigungen erteilt, hört die jeweilige nationale Sicherheitsbehörde an, um sicherzustellen, dass der Mischbetrieb von Zweisystem-Stadtbahnfahrzeugen und schweren Eisenbahnfahrzeugen alle grundlegenden Anforderungen sowie alle einschlägigen gemeinsamen Sicherheitsziele (common safety targets, CSTs) erfüllt;
c) abweichend von Artikel 21 arbeiten die jeweils zuständigen Behörden im Falle eines grenzüberschreitenden Betriebs bei der Erteilung von Fahrzeuggenehmigungen zusammen.
Dieser Absatz gilt nicht für Fahrzeuge, die gemäß den Absätzen 3 und 4 vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sind.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:
1. „Eisenbahnsystem der Union“ die in Anhang I aufgeführten Bestandteile;
2. „Interoperabilität“ die Eignung eines Eisenbahnsystems für den sicheren und durchgehenden Zugverkehr, indem den erforderlichen Leistungskennwerten entsprochen wird;
3. „Fahrzeug“ ein Eisenbahnfahrzeug mit oder ohne Antrieb, das auf Rädern auf Eisenbahn-Schienenwegen verkehren kann; ein Fahrzeug besteht aus einem oder mehreren strukturellen und funktionellen Teilsystemen;
4. „Netz“ Strecken, Bahnhöfe, Terminals und ortsfeste Einrichtungen jeglicher Art, die für die Gewährleistung des sicheren und durchgehenden Betriebs des Eisenbahnsystems der Union erforderlich sind;
5. „Teilsysteme“ die in Anhang II aufgeführten strukturellen oder funktionellen Teile des Eisenbahnsystems der Union;
6. „mobiles Teilsystem“ das Teilsystem „Fahrzeuge“ und das Teilsystem „fahrzeugseitige Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung“;
7. „Interoperabilitätskomponenten“ Bauteile, Bauteilgruppen, Unterbaugruppen oder komplette Materialbaugruppen, die in ein Teilsystem eingebaut sind oder eingebaut werden sollen und von denen die Interoperabilität des Eisenbahnsystems direkt oder indirekt abhängt, einschließlich sowohl materieller als auch immaterieller Produkte;
8. „Produkt“ ein Erzeugnis, das in einem Fertigungsprozess hergestellt worden ist, einschließlich Interoperabilitätskomponenten und Teilsysteme;
9. „grundlegende Anforderungen“ die Gesamtheit der in Anhang III beschriebenen Bedingungen, die das Eisenbahnsystem der Union, die Teilsysteme und die Interoperabilitätskomponenten einschließlich der Schnittstellen erfüllen müssen;
10. „europäische Spezifikation“ eine Spezifikation, die einer der folgenden Kategorien zuzuordnen ist:
— eine gemeinsame technische Spezifikation im Sinne des Anhangs VIII der Richtlinie 2014/25/EU;
— eine europäische technische Zulassung im Sinne des Artikel 60 der Richtlinie 2014/25/EU oder
— eine europäische Norm im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012;
11. „technische Spezifikation für die Interoperabilität“ (im Folgenden „TSI“) eine nach dieser Richtlinie angenommene Spezifikation, die für jedes Teilsystem oder Teile davon im Hinblick auf die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen gilt und die Interoperabilität des Eisenbahnsystems der Union gewährleistet;
12. „Eckwerte“ alle ordnungsrechtlichen, technischen oder betrieblichen Bedingungen, die für die Interoperabilität von kritischer Bedeutung und in den einschlägigen TSI angegeben sind;
13. „Sonderfall“ jeden Teil des Eisenbahnsystems, der in den TSI besonderer Vorkehrungen vorübergehender oder dauerhafter Art bedarf, da geografische, topografische, städtebauliche oder die Kohärenz mit dem bestehenden
System betreffende Zwänge vorliegen, insbesondere Eisenbahnstrecken und -netze, die vom Netz des übrigen Gebiets der Union abgeschnitten sind, das Lichtraumprofil, die Spurweite oder der Gleisabstand sowie Fahrzeuge ausschließlich für den lokal oder regional begrenzten Einsatz oder ausschließlich für historische Zwecke und Fahrzeuge aus Drittländern oder mit Zielort in Drittländern;
14. „Aufrüstung“ umfangreiche Änderungsarbeiten an einem Teilsystem oder einem Teil davon, die eine Änderung des der EG-Prüferklärung beigefügten technischen Dossiers, soweit dieses vorhanden ist, zur Folge haben und mit denen die Gesamtleistung des Teilsystems verbessert wird;
15. „Erneuerung“ umfangreiche Arbeiten zum Austausch eines Teilsystems oder eines Teils davon, mit denen die Gesamtleistung des Teilsystems nicht verändert wird;
16. „vorhandenes Eisenbahnsystem“ die Infrastruktur, die durch die Strecken und ortsfesten Anlagen des vorhandenen Eisenbahnnetzes und durch die auf dieser Infrastruktur verkehrenden Fahrzeuge jeglicher Kategorie und Herkunft
gebildet wird;
17. „Austausch im Zuge von Instandhaltungsarbeiten“ den Ersatz von Bauteilen im Rahmen von Wartungs- oder Reparaturarbeiten durch Teile gleicher Funktion und Leistung;
18. „Zweisystem-Stadtbahnfahrzeug“ ein Fahrzeug, das für die kombinierte Nutzung sowohl auf Infrastrukturen für Stadtbahnen als auch auf Eisenbahninfrastrukturen ausgelegt ist;
19. „Inbetriebnahme“ die Gesamtheit aller Tätigkeiten, durch die ein Teilsystem in Dienst gestellt wird;
20. „Auftraggeber“ eine öffentliche oder private Stelle, die den Entwurf und/oder den Bau oder die Erneuerung oder Aufrüstung eines Teilsystems in Auftrag gibt;
21. „Halter“ die natürliche oder juristische Person, die als Eigentümer oder Verfügungsberechtigter ein Fahrzeug als Beförderungsmittel verwertet und als solcher in einem Fahrzeugeinstellungsregister gemäß Artikel 47 registriert ist;
22. „Antragsteller“ eine natürliche oder juristische Person, die eine Genehmigung beantragt, wobei es sich um ein Eisenbahnunternehmen, einen Infrastrukturbetreiber oder andere natürliche oder juristische Personen wie einen
Hersteller, einen Eigentümer oder einen Halter handeln kann; für die Zwecke des Artikels 15 bezeichnet „Antragsteller“ einen Auftraggeber, einen Hersteller oder deren Bevollmächtigte; für die Zwecke des Artikels 19 bezeichnet „Antragsteller“ eine natürliche oder juristische Person, die eine Entscheidung der Agentur zur
Genehmigung von technischen Lösungen für Vorhaben für die streckenseitige ERTMS-Ausrüstung beantragt;
23. „Vorhaben in fortgeschrittenem Entwicklungsstadium“ Vorhaben, deren Planung oder Bau so weit fortgeschritten ist, dass ihre Tragfähigkeit in der geplanten Form durch eine Änderung der technischen Spezifikationen beeinträchtigt werden könnte;
24. „harmonisierte Norm“ eine europäische Norm im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012;
25. „nationale Sicherheitsbehörde“ eine Sicherheitsbehörde im Sinne des Artikels 3 Nummer 7 der Richtlinie (EU) 2016/798;
26. „Typ“ einen Fahrzeugtyp entsprechend den grundlegenden Konstruktionsmerkmalen des Fahrzeugs gemäß einer in dem einschlägigen Prüfungsmodul beschriebenen Baumuster oder Entwurfsprüfbescheinigung;
27. „Serie“ eine Reihe identischer Fahrzeuge einer bestimmten Bauart;
28. „für die Instandhaltung zuständige Stelle“ eine Stelle, die für die Instandhaltung gemäß Artikel 3 Nummer 20 der Richtlinie (EU) 2016/798 zuständig ist;
29. „Stadtbahnen“ ein Schienenverkehrssystem für den Stadt- und/oder Vorortverkehr, die einen Kollisionssicherheitswert der Kategorie C-III oder C-IV (gemäß EN 15227:2011) und eine Fahrzeugfestigkeit von höchstens 800 kN
(Längsdruckkraft im Kupplungsbereich) aufweisen; Stadtbahnsysteme können eigene Wegerechte haben oder sie sich mit dem Straßenverkehr teilen und tauschen normalerweise keine Fahrzeuge mit dem Personen- oder Güterfernverkehr aus;
30. „nationale Vorschriften“ alle in einem Mitgliedstaat erlassenen verbindlichen Vorschriften — unabhängig davon, welche Stelle diese Vorschriften erlässt —, in denen die die Eisenbahnsicherheit betreffenden oder technischen Anforderungen — mit Ausnahme der durch Unions- oder internationale Vorschriften festgelegten Anforderungen — enthalten sind, die in dem betreffenden Mitgliedstaat für Eisenbahnunternehmen, Infrastrukturbetreiber oder Dritte gelten;
31. „nominale Betriebsbereitschaft“ die normale Betriebsart und die vorhersehbaren erschwerten Bedingungen (einschließlich Verschleiß) innerhalb des Bereichs und unter den Einsatzbedingungen, die in den technischen und den Instandhaltungsunterlagen spezifiziert sind;
32. „Verwendungsgebiet eines Fahrzeugs“ ein Netz oder Netze in einem Mitgliedstaat oder einer Gruppe von Mitgliedstaaten, in dem bzw. denen ein Fahrzeug verwendet werden soll;
33. „geeigneter Konformitätsnachweis“ nicht verbindliche Stellungnahmen der Agentur, die aufzeigen, wie die Erfüllung der grundlegenden Anforderungen festgestellt werden kann;
34. „annehmbarer nationaler Konformitätsnachweis“ nicht verbindliche Stellungnahmen der Mitgliedstaaten, die aufzeigen, wie die Erfüllung der nationalen Vorschriften festgestellt werden kann;
35. „Inverkehrbringen“ die erstmalige Bereitstellung einer Interoperabilitätskomponente, eines Teilsystems oder eines Fahrzeugs in nominaler Betriebsbereitschaft auf dem Unionsmarkt;
36. „Hersteller“ jede natürliche oder juristische Person, die Produkte in Gestalt von Interoperabilitätskomponenten, Teilsystemen oder Fahrzeugen herstellt bzw. konstruieren oder herstellen lässt und sie unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke in Verkehr bringt;
37. „Bevollmächtigter“ jede in der Union ansässige natürliche oder juristische Person, die von einem Hersteller oder Auftraggeber schriftlich beauftragt wurde, im Namen dieses Herstellers oder Auftraggebers bestimmte Aufgaben wahrzunehmen;
38. „technische Spezifikation“ ein Dokument, in dem die technischen Anforderungen vorgeschrieben sind, denen ein Produkt, ein Teilsystem, ein Verfahren oder eine Dienstleistung genügen muss;
39. „Akkreditierung“ die Akkreditierung im Sinne des Artikel 2 Nummer 10 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008;
40. „nationale Akkreditierungsstelle“ eine nationale Akkreditierungsstelle im Sinne des Artikels 2 Nummer 11 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008;
41. „Konformitätsbewertung“ das Verfahren zur Bewertung, ob bestimmte Anforderungen an ein Produkt, ein Verfahren, eine Dienstleistung, ein Teilsystem, eine Person oder eine Stelle erfüllt sind;
42. „Konformitätsbewertungsstelle“ eine Stelle, die als zuständige Stelle für Konformitätsbewertungstätigkeiten einschließlich Kalibrierung, Prüfung, Zertifizierung und Inspektion benannt oder bestimmt wurde; eine Konformi
tätsbewertungsstelle gilt nach der Benennung durch einen Mitgliedstaat als benannte Stelle; eine Konformitätsbewertungsstelle gilt nach der Bestimmung durch einen Mitgliedstaat als bestimmte Stelle;
43. „Mensch mit Behinderungen und Person mit eingeschränkter Mobilität“ jede Person mit einer dauerhaften oder vorübergehenden körperlichen, geistigen, intellektuellen oder sensorischen Beeinträchtigung, die in Wechselwirkung
mit verschiedenen Hindernissen der vollen, tatsächlichen und gleichberechtigten Benutzung von Beförderungsmitteln durch diese Person entgegenstehen können, oder eine Person, die aufgrund ihres Alters bei der Benutzung von Beförderungsmitteln nur eingeschränkt mobil ist;
44. „Infrastrukturbetreiber“ einen Infrastrukturbetreiber im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (*1);
45. „Eisenbahnunternehmen“ ein Eisenbahnunternehmen im Sinne des Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie 2012/34/EU sowie jedes andere öffentliche oder private Unternehmen, dessen Tätigkeit im Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen zur Beförderung von Gütern und/oder Personen besteht, wobei dieses Unternehmen die Traktion sicherstellen muss. Dies schließt auch Unternehmen ein, die ausschließlich die Traktionsleistung erbringen.
(*1) Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen
europäischen Eisenbahnraums (ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 32).
Artikel 3
Grundlegende Anforderungen
(1) Das Eisenbahnsystem der Union, die Teilsysteme und die Interoperabilitätskomponenten einschließlich der Schnittstellen müssen den sie betreffenden grundlegenden Anforderungen entsprechen.
(2) Die technischen Spezifikationen im Sinne des Artikels 60 der Richtlinie 2014/25/EU, die zur Ergänzung europäischer Spezifikationen oder anderer in der Union gebräuchlicher Normen notwendig sind, dürfen nicht im Widerspruch zu den grundlegenden Anforderungen stehen.